Landtag von Sachsen-Anhalt Fünfte Wahlperiode Plenarprotokoll 5/27 11.10.2007

 

 

Auszug aus dem stenografischer Bericht

27. Sitzung am Donnerstag, dem 11. Oktober 2007,

in Magdeburg, Landtagsgebäude

 

 

Präsident Herr Steinecke:

Vielen Dank, Herr Professor Paqué. - Als letztem Debattenredner

erteile ich Herrn Scharf von der CDU-Fraktion

das Wort. Bitte schön.

Herr Scharf (CDU):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

„Sachsen-Anhalt auf dem Weg in eine offene Gesellschaft“

- diese Überschrift der Regierungserklärung

des Ministerpräsidenten deutet es schon an: Sachsen-

Anhalt war bis 1990 keine offene Gesellschaft. Vor diesem

Hintergrund haben wir uns zum 17. Jahrestag der

deutschen Einheit vor acht Tagen darüber vergewissert,

wie weit wir auf dem Weg in eine offene Gesellschaft

vorangekommen sind. Das hat in hohem Maße dazu beigetragen

zu überlegen, wie wir mit der DDR-Vergangenheit

umgehen sollen.

Wir konstatieren im Jahr 2007 die beginnende Historisierung

der DDR. Schleichend entwickelt sich die gemeinsame

DDR-Vergangenheit von einer Gegenwart des

Zeitgeschehens zu einem historischen Gegenstand.

Der Unterschied zwischen Zeitgeschehen und Historie

besteht darin, dass das Zeitgeschehen in einem unmittelbaren

Bezug zur Gegenwart steht und von uns somit

normativ und emotional interpretiert wird. Die DDR als

historischer Gegenstand hingegen wird durch wissenschaftliche

Reflexion in die Gesamtgeschichte eingeordnet.

Die unmittelbare Bezugnahme auf die Gegenwart im

Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur geht - das

muss man feststellen - im Prozess der Historisierung der

DDR Schritt für Schritt verloren.

Meine Damen und Herren! Diese Entwicklung birgt eine

Gefahr, auf die der Autor und Journalist Robert Ide in

seinem Anfang des Jahres erschienen Buch „Geteilte

Träume - meine Eltern, die Wende und ich“ hinweist. Ide

erzählt von Hoffnungen und Enttäuschungen der Ostdeutschen

in Bezug auf die friedliche Revolution und die

Wiedervereinigung. Er legt dar, dass die Wende und

Wendefolgen innerhalb von Familien sehr unterschiedlich

interpretiert werden.

Die Generationen der Eltern und der Großeltern verspüren

ein deutliches Verlustgefühl mit Blick auf vielfältige

scheinbare Sicherheiten, die mit der DDR verloren gingen.

Hoffnungen in Bezug auf die Wende steht oft eine

grundlegende Kritik an den Problemen des Wiedervereinigungsprozesses

gegenüber.

Die Generation der Kinder hingegen versteht die Sichtweise

ihrer Eltern zum Teil gar nicht mehr. Sie hat in der

DDR von Freiheit geträumt, hat in der Zeit 1989/1990 die

Freiheit gewonnen und sie inzwischen, so gut es ging,

zur Verwirklichung persönlicher Ziele genutzt.

Eltern und Kinder finden, so Robert Ide, aus ihren unterschiedlichen

Blickwinkeln heraus kaum zu einer gemeinsamen

Sprache. Der innerfamiliäre Dialog über das gemeinsame

Leben in der DDR ist gestört oder wird erst

gar nicht begonnen. Kritische Fragen zur Vergangenheit

der Eltern und Großeltern werden nicht gestellt oder

bleiben unbeantwortet. Die unweigerliche Historisierung

der DDR wird damit der Wissenschaft überantwortet.

Meine Damen und Herren! Erlauben wir uns gedanklich

einen 17-jährigen Zeitsprung vom Jahr 1945 aus, so würden

wir uns Anfang der 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts

befinden. Auch damals wuchs eine Generation

heran, die Fragen an ihre Eltern hatte, die viele Eltern

selbst nicht stellten. Zur Entstehung eines Geschichtsbildes

gehört das Einander-Erzählen von Geschichten.

Daraus sublimiert eine Gesellschaft in einem vielschichtigen

Prozess dann ihr Bild von Geschichte.

Solche Prozesse können wahrscheinlich nur sehr bedingt

beschleunigt werden, sie bedürfen aber der wissenschaftlichen

Begleitung, damit nicht unreflektierte

Deutungen ein verzerrtes Bild der eigenen Geschichte

zeichnen, was wiederum mit Sicherheit das Finden von

nachhaltigen Entscheidungen für die Zukunft erschweren

würde.

Ich frage: Finden wir auf dem Weg in die offene Gesellschaft

zu einer lebendigen Erinnerungs- und Aufklärungskultur?

Eine Meinungsumfrage kann auf diese Frage

und auch auf andere hier einleitend formulierte Fragen

naturgemäß keine abschließenden Antworten geben.

Bevor ich auf einige Ergebnisse des Sachsen-Anhalt-

Monitors eingehe, schicke ich vorweg, dass ich eine einleitende

Beschreibung der Intention dieser Studie schon

ein Stück weit vermisst habe. Hätte es eine solche gegeben,

dann hätten wir die Studie auch besser einordnen

können.

Ich würde die Intention des Sachsen-Anhalt-Monitors

wie folgt zusammenfassen: Es ist wichtig, dass wir in

größeren Abständen die gefühlte Stimmungslage im

Land verifizieren. Wir begegnen damit der Gefahr, dass

jeder, insbesondere extremistische Parteien und Gruppierungen,

diese Stimmungslage für sich vereinnahmen

kann. Ich denke, die Ergebnisse der Studie lassen eine

solche Instrumentalisierung auch überhaupt nicht zu.

Darüber hinaus müssen wir danach fragen, inwieweit Erfolge

in Politik und Wirtschaft, die wir derzeit verzeichnen,

bei den Menschen auch tatsächlich ankommen.

Werden sie auch als Erfolge der politischen Institutionen

verstanden? Stärken sie das Vertrauen der Bürger in

das politische System? Ich halte es für überlegenswert,

diese Studie in einigen Jahren zu wiederholen, um dann

auch die Wechselwirkungen zwischen politischen, wirtschaftlichen

und sozialen Entwicklungen in einer Langzeitstudie

erneut zu untersuchen.

Wo, meine Damen und Herren, steht Sachsen-Anhalt

auf dem Weg in eine offene Gesellschaft? Der Sachsen-

Anhalt-Monitor 2007 legt in dieser Hinsicht einen

Schwerpunkt auf den Umgang der Sachsen-Anhalter mit

ihrer Vergangenheit und nicht so sehr auf ihre Erwartungen

für die Zukunft.

Eines wird dabei sehr deutlich: Die Sachsen-Anhalter

verklären den DDR-Sozialismus nicht. Im Gegenteil: Die

Noten für das DDR-System fallen schlecht aus und die

Vorteile der Wiedervereinigung überwiegen klar. Auffällig

ist, dass die Befragten stark unterscheiden zwischen

dem privaten Glück in der DDR-Zeit und dem DDRSystem

als solchem, das ihnen Chancen verbaute und

Freiheit nahm. Ich komme darauf später noch einmal im

Detail zurück.

Erschreckend ist für mich, dass immerhin 16 % der Befragten

im Notfall eine Diktatur dem demokratischen

Rechtsstaat vorziehen würden. 78 % sehen den Sozialismus

als eine gute Idee an, die nur schlecht ausgeführt

worden ist. Angesichts unzähliger sozialistischer und

kommunistischer Experimente in nahezu allen Teilen der

Erde steht für uns als CDU jedoch fest, dass die sozialistische

Idee gescheitert ist.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD

und bei der FDP)

Unter keinem der sozialistisch inspirierten Regime ist

es gelungen, vergleichbare Freiheiten, Pluralismus und

Rechtsstaatlichkeit wie in Deutschland zu etablieren.

Interessanterweise haben sich gerade die schlimmsten

Diktaturen der vergangenen 90 Jahre auf sozialistische

Ideale berufen. Der Sozialismus steht der offenen Gesellschaft

offensichtlich entgegen.

Darüber aufzuklären bedeutet nicht, die Ideale von

gleichberechtigter Teilhabe, Solidarität und Frieden in

der Welt infrage zu stellen, die auch Sozialisten vertreten.

Es geht vielmehr darum, dass der Sozialismus immer

wieder versucht hat, ein bestimmtes Verhalten der

Menschen zu erzwingen und dass Sozialisten es auch

heute immer wieder mit diesem Instrumentarium versuchen

wollen.

Präsident Herr Steinecke:

Herr Scharf, Herr Gallert möchte eine Frage zu Ihrer

Aussage eben stellen.

Herr Scharf (CDU):

Ja, kann er.

Präsident Herr Steinecke:

Herr Gallert, bitte.

Herr Gallert (DIE LINKE):

Herr Scharf, ich habe sehr interessiert eben Ihren Satz

gehört, dass Sie die verbrecherischen Diktaturen in den

letzten 90 Jahren alle auf den Sozialismus bezogen haben.

Heißt das, dass die Zeit des Faschismus in

Deutschland 1933 bis 1945 in Ihrer Auffassung eine

Spielart des Sozialismus war?

Herr Scharf (CDU):

Nein, überhaupt nicht. Dann hätten Sie mich missverstanden.

Ich kann den Satz auch ein Stückchen in dem

Sinne verallgemeinern, als letztlich Totalitarismen immer

versprochen haben - ich sage es mit anderen Worten -,

sie seien in der Lage, ein Himmelreich auf Erden zu errichten.

Und das hat regelmäßig in der Hölle geendet.

Alle Versuche kommunistischer Diktaturen, sei es in Europa,

sei es in Asien, sei es in Amerika, sind letztlich

diesen Weg gegangen. Ich möchte einzelnen Protagonisten

überhaupt nicht ihre guten Absichten absprechen,

aber der empirische Befund ist so, dass alle diese Experimente

in der Katastrophe geendet sind.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Das, meine Damen und Herren, darf nicht damit verwechselt

werden, dass der Nationalsozialismus natürlich

auch für Deutschland und auch in anderen Teilen der

Welt eine Katastrophe gewesen ist. Nur darauf wollte ich

hinweisen, meine Damen und Herren.

Sehr erfreut bin ich darüber, dass die stark gestiegene

Verbundenheit der Sachsen-Anhalter mit ihrem Bundesland,

das heißt auch mit einer gewissen Landesidentifikation,

zu vermerken ist. Wir alle wissen, dass wir es in

einem so genannten Bindestrichland immer schwer haben.

Insofern bin ich über dieses Untersuchungsergebnis

sogar ein Stück weit erstaunt. Die Zweifler sind jedoch

durch den Sachsen-Anhalt-Monitor eindeutig widerlegt

worden. Wir können es schaffen, eine Sachsen-

Anhalt-Identität aufzubauen.

Für mich persönlich ist auch der Zusammenhang zum

Regierungswechsel im Jahr 2002 evident; denn Sachsen-

Anhalt hat sich in wenigen Jahren von dem „Rote-

Laterne-Land“ zu einem Aufsteigerland entwickelt. Ich

glaube schon, dass deutliche Verbesserungen der Lebenssituation

in einem Land auch dazu führen, dass sich

die Menschen mehr mit ihrer Region und mit ihrem Land

identifizieren können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine starke Identifikation mit dem eigenen Bundesland

ist ein wichtiger Antrieb zur eigenverantwortlichen Stärkung

des wirtschaftlichen und sozialen Umfeldes. Für

die Identifikation sind die gemeinsame Herkunft, die gemeinsame

Geschichte und gemeinsame religiöse Wurzeln

konstituierend.

Ähnlich wie die europäische Identität konstituiert sich die

sachsen-anhaltische aber auch und gerade aus den Erfahrungen

der Gegenwart. Die Überwindung der Spaltung

Europas, die letztlich die Neugründung des Landes

Sachsen-Anhalt ermöglichte, ein moderater Wettbewerbsföderalismus

und globale Standortwettbewerbe

sowie der Dialog mit anderen Kulturen zählen zu diesen

Erfahrungen.

Nicht zuletzt prägen auch Erwartungen an die Zukunft

unsere Identifikation mit der Region, in der wir leben.

Verbundenheit und Offenheit für fremde Einflüsse schließen

sich gegenseitig nicht aus, sondern befördern einander.

Das Wissen um die eigenen Ursprünge schärft

das Bewusstsein für Gemeinsames und Trennendes.

Auf dieser Basis können wir uns bewusst auf Neues einlassen

und voneinander lernen.

Umso deutlicher muss ich aus der Sicht der CDU-Fraktion

sagen, dass uns das Umfrageergebnis, dass 23 %

der Sachsen-Anhalter die Ansicht vertreten, Deutschland

sei durch Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet,

alarmiert hat. Wir müssen alles dafür tun, dass

es einer kleinen Minderheit der Bevölkerung nicht gelingen

kann, Fremde und Andersartige aus der Mitte der

Gesellschaft an den Rand zu drängen. Die Feststellung,

dass viele Bürger der ehemaligen DDR im natürlichen

Umgang mit Menschen anderer Hautfarbe und Kultur

ungeübt sind, kann keine Entschuldigung für Anfeindungen,

Ausgrenzungen oder gar Gewalt sein.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Wer sich zu seinem Land Sachsen-Anhalt bekennt, dem

muss es ein Herzensanliegen sein, dass sich Fremde

hier bei uns wohlfühlen können und dass sie in diesem

Land, von dem wir glauben, dass es eine gute Zukunft

hat, selbst eine Zukunft sehen und finden. Nur dann

werden sie auch die ehrlichen Anstrengungen zur Integration

unternehmen, die wir von ihnen zu Recht erwarten

und einfordern.

Sachsen-Anhalter, die stolz sind auf die reiche Geschichte

ihres Landes, zum Beispiel als Ursprung des

Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation in einem

europäischen Reich mit integrativer Kraft, die stolz sind

auf das Magdeburger Recht als einen der ersten Exportschlager

auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt,

die stolz sind auf ein Kernland der Reformation mit ihren

weltumspannenden Ausprägungen und die stolz sind auf

Sachsen-Anhalt als eine Region in der Mitte Europas

- diese Sachsen-Anhalter können ihre Identifikation mit

Sachsen-Anhalt nicht anders als integrativ verstehen,

meine Damen und Herren.

Weltoffenheit ist für sie ein persönlicher Wert, weil Weltoffenheit

für die genannten Errungenschaften Sachsen-

Anhalts unverzichtbar ist. Dies sollten wir als engagierte

Vorbilder für ein weltoffenes Sachsen-Anhalt überall dort

deutlich machen, wo wir auftreten und Verantwortung

tragen.

Ich möchte ein drittes Ergebnis der Studie ansprechen:

die hohe Zustimmung der Sachsen-Anhalter zu dem politischen

System, in dem sie leben, und zugleich ihr

mangelndes Vertrauen in dessen Institutionen und deren

Funktionsfähigkeit. Es ist von allen Rednern angesprochen

worden: Die parlamentarische Demokratie wird bejaht;

ihre Leistungen und ihre Repräsentanten werden

jedoch sehr kritisch gesehen.

Wir müssen uns mit dieser großen Diskrepanz - verkürzt

könnte man vielleicht sagen: zwischen Theorie und Praxis

- offen und ehrlich auseinandersetzen. Ich will an dieser

Stelle von diesem Pult aus keine vorschnellen Antworten

geben. Aber ich will sagen: Das ist wieder einmal

eine Frage, die uns ins Stammbuch geschrieben worden

ist und die sich jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis,

die sich jede Fraktion und wir uns als Parlamentarier

insgesamt immer wieder stellen müssen.

Denn dass unser eigenes politisches Engagement, dass

unser eigenes politisches Handeln so wenig öffentliche

Akzeptanz findet, ist für jemanden, der sich persönlich

abmüht und abrackert, eigentlich kein gutes Ergebnis.

Aber es gilt nicht denjenigen zu kritisieren, der befragt

worden ist, sondern es gilt, das Befragungsergebnis ehrlich

an uns herankommen zu lassen.

Meine Damen und Herren! Welche Handlungserfordernisse

sehe ich? Wie reagieren wir auf den gesellschaftlichen

Befund, den uns der Sachsen-Anhalt-Monitor liefert?

Wie können wir zu dem Gang in eine offene Gesellschaft

ermutigen?

Als Christdemokrat bin ich davon überzeugt: Ausgangspunkt

einer erfolgreichen landespolitischen Agenda ist

das Bewusstsein um die Grenzen der eigenen Handlungs-

und Gestaltungsfähigkeiten. Wir können und wollen

gesellschaftliche Entwicklungen durch geeignete

Rahmenbedingungen nur anregen. Wir können sie aber

in der Regel nicht erzwingen und wir wollen sie in der

Regel auch nicht erzwingen.

Die offene, plurale Gesellschaft erzwingen zu wollen,

bewirkte genau das Gegenteil. Dies betone ich auch in

einem Bewusstsein um politisch induzierte Fehlentwicklungen

im Laufe des Einheitsprozesses, vor allem aber

auch um die Wirkungen von 40 Jahren DDR, die bis

in unsere heutige Zeit nachhaltig hineinreichen. Der

Staatsapparat der DDR hat die offene Gesellschaft offen

bekämpft, indem er alle Bereiche des gesellschaftlichen

und, so weit irgend möglich, auch des privaten Lebens

zu dominieren versuchte.

Sind wir uns also als Lehre aus der jüngeren Geschichte

unserer Begrenzungen bewusst und vertreten wir diese

Haltung auch in der Öffentlichkeit, um der offenen Gesellschaft

Raum zur Entfaltung zu geben; denn ein gutes,

tolerantes und lebendiges Miteinander braucht zuallererst

Freiheit. Es muss daher darum gehen und es

muss gelingen, dass wir Eigeninitiative überall dort zulassen,

wo sie möglich ist - Stichwort Bürokratieabbau -,

dass wir Eigeninitiative aber auch offensiv einfordern

- Stichwort: solidarische Sicherungssysteme - und auch

die notwendigen Anstrengungen des Einzelnen.

In diesem Verständnis von unserer Rolle als Landesgesetzgeber

können und sollten wir uns sowohl normativ

als auch regulativ für eine offene Gesellschaft engagieren.

Wenn Sie, Herr Professor Paqué, meinen, wir stürzten

uns von einer Überregulierung in die andere,

(Herr Prof. Dr. Paqué, FDP: So ist es!)

so muss ich sagen: Bestimmte Bereiche müssen aber

auch wirklich reguliert werden und die Bevölkerung verlangt

dies. Genau diejenigen, die zum Teil über Überregulierungen

stöhnen, schreiben am nächsten Tag in

Leserbriefen in der Zeitung: Es kann doch wohl nicht

sein, dass gerade dieser eine Lebensbereich, der sie ärgert,

nicht öffentlich geregelt worden ist.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und von der

Regierungsbank)

Also müssen wir schon ein Stück weit schauen, dass wir

einen verantwortbaren Mittelweg finden.

Welche Aufgaben sehe ich speziell für uns im Landtag

von Sachsen-Anhalt? - Wir haben im Landtag schon viele

Debatten über das schwierige Erbe der DDR geführt.

Auch in der aktuellen Auseinandersetzung um den Stiftungsrat

der Gedenkstättenstiftung müssen wir uns dieser

unserer Verantwortung erneut stellen. Es geht um

die Funktionsfähigkeit einer wichtigen Einrichtung, die

wir geschaffen haben. Es geht darum, dass die entstandenen

Irritationen abgebaut werden. Die gegenwärtige

Blockade im Stiftungsrat muss gelöst werden, damit wir

uns nicht die Probleme, die andere ostdeutsche Länder

auf ähnlichen Gebieten haben, auf Dauer auf den Tisch

ziehen.

Deshalb sage ich an dieser Stelle ganz deutlich: Wir als

CDU-Fraktion würden es wirklich begrüßen, wenn die

Fraktion DIE LINKE ihre Schlüsselrolle in diesem Prozess

erkennt, annimmt und darauf reagiert. Die Äußerungen

von Frau Tiedge auch anlässlich der Sendung

des Bayerischen Rundfunks am 3. Oktober 2007 haben

nicht geholfen, in dieser Angelegenheit ein Stück voranzukommen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei

der FDP und von der Regierungsbank)

Die von Frau Tiedge ausgesprochene Bewertung von

staatsanwaltschaftlicher Tätigkeit zu DDR-Zeiten ist

schlicht verharmlosend.

(Zustimmung von Herrn Stahlknecht, CDU)

Die Justiz der DDR verstand sich selbst als Klassenjustiz

und unterschied sich dabei nach eigener Auffassung

grundlegend von der Justiz in einer demokratisch legitimierten

Gesellschaft. Diese Auffassung, denke ich, sollte

unter uns Konsens sein. Deshalb spreche ich es an

dieser Stelle noch einmal deutlich aus: Helfen Sie mit,

die volle Arbeitsfähigkeit der Gedenkstättenstiftung herzustellen,

indem Sie eine besser geeignete Kandidatin

für den Stiftungsrat nominieren!

(Lebhafter Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei

der FDP und von der Regierungsbank - Zuruf von

Frau Bull, DIE LINKE)

Ich möchte noch einen anderen Aspekt erwähnen, der

für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit vielleicht

wichtig ist. Dabei beziehe ich unsere eigene Partei,

unsere eigene Fraktion selbstverständlich ein.

(Oh! bei der LINKEN)

Die uns vorliegende Studie zu den politischen Einstellungen

zwischen Gegenwart und Vergangenheit offenbart

eine deutliche Ambivalenz des DDR-Bildes der

Sachsen-Anhalter. Privat, so sagen viele, konnte man

gut leben. So sehen es nahezu alle Befragten. Die Einflüsse

des DDR-Systems auf die eigene Lebensführung

hingegen werden überwiegend negativ beurteilt.

In der DDR war die Ausweitung des Privaten wichtig. Die

engen Grenzen, die der Staat der persönlichen Entfaltung

setzte, sollten möglichst weit hinausgeschoben

werden. Die Erinnerungen an das private, dem Staatszugriff

abgetrotzte Leben in der DDR sind daher eindeutig

positiv besetzt. Ich erinnere an die vielen Geschichten,

die heute immer wieder gern erzählt werden, wie

man die Staatsmacht früher ausgetrickst hat. Ich muss

dazu sagen: Das eine oder andere würde heute rechtsstaatlichen

Ansprüchen auch nicht genügen.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

Aber man hat versucht, sich permanent dem Staat zu

entziehen.

Natürlich, meine Damen und Herren, konnte auch in der

sozialistischen Diktatur ein privates Leben gelingen.

Familien existierten damals wie heute. Es wurden die

entscheidenden Wertegrundlagen in den Familien gelegt

oder sie wurden eben auch nicht gelegt. Das ist früher

gelungen oder auch nicht gelungen. Es gab beruflichen

und persönlichen Erfolg. Es gab Freundschaften und

Freude.

Aber wehe der Staat, die Diktatur des Proletariats, angeblich

inkarniert in der führenden Rolle der SED, erklärte

einen Bürger zum Feind, zum Staatsfeind. Dann

konnte einem Bürger schnell und oft unentrinnbar ein

Schicksal ereilen, wie es heute in zahlreichen Dokumenten,

Werken der Literatur und auch des Filmes

nacherlebbar ist. Deshalb, meine Damen und Herren,

muss allen Verharmlosern der zweiten deutschen Diktatur

dieses immer wieder deutlich vor Augen gehalten

werden.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP

und von der Regierungsbank)

Um ein anderes Bild zu wählen: Alle Nostalgiker müssen

sich fragen lassen, ob sie nicht dem psychologisch

schon im Alten Testament im Buch Mose beschriebenen

Blick zurück zu den „Fleischtöpfen Ägyptens“ erliegen.

Es ist keine neue Erfahrung.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns den gefühlten

Wendeverlierern regulativ noch intensiver widmen.

Immerhin 30 % sehen ihre Hoffnungen in die Wende

nicht erfüllt. Für 26 % überwiegen persönlich die Nachteile

der Ereignisse von 1989/90.

In vielen Bereichen konstatieren die Autoren des Sachsen-

Anhalt-Monitors erschreckend hohe Zustimmungswerte

hinsichtlich der Aussage, die Situation habe sich

nach der Wende verschlechtert. Auffällig ist, dass vor allem

Menschen mit niedrigem Schulabschluss und Ältere

die Wendefolgen negativ beurteilen. Ihr Anteil an der

Gesamtbevölkerung ist in den vergangenen Jahren demografisch,

aber wahrscheinlich auch abwanderungsbedingt

gestiegen; denn diejenigen, die gute Arbeit gefunden

haben, sind zum Teil abgewandert; diejenigen,

die nichts gefunden haben, sind hier geblieben. Deshalb

sind die Enttäuschten hier unter uns. Wir müssen mit ihnen

leben, und wir müssen ihr Schicksal ehrlich annehmen,

weil es gewendet werden muss.

Es gibt in meinen Augen nur einen Weg, den so genannten

Wendeverlierern einen Weg in eine lebenswerte offene

Gesellschaft zu eröffnen. Europa und damit auch

die neuen Bundesländer müssen zum wettbewerbsfähigsten

und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum

der Welt werden. Wir müssen aus der

höchst erfolgreichen wirtschaftspolitischen Konstruktion

Europa und Deutschland eine sozialpolitisch erfolgreiche

Konstruktion machen. Dazu gehört auch, dass wir die

noch viel zu hohe Arbeitslosigkeit, ja immer noch Massenarbeitslosigkeit

in den neuen Bundesländern spürbar

senken.

Deshalb, meine Damen und Herren, gehören die Diskussionen,

die im Moment sehr kontrovers über Arbeitnehmerrechte,

über Teilhabegerechtigkeit, über Kinderbetreuung,

über Bildungsgerechtigkeit, über einen Mindestlohn

oder über die Bezugsdauer von Lohnersatzleistungen

geführt werden, zu den elementaren Diskussionen,

die wir im Moment brauchen, um den für uns gangbaren

und guten Weg in eine offene Gesellschaft zu finden.

Wir können uns diese Diskussionen nicht ersparen. Je

sauberer wir zu Ergebnissen kommen, die tragfähig

sind, desto einfacher werden wir auch den Weg in die offene

Gesellschaft finden. Ja, ich meine, meine Damen

und Herren, auch die Diskussionen über den Solidarpakt,

über die Begrenzung der Neuverschuldung und

über die Generationengerechtigkeit gehören zur Sicherung

der Zukunft einer offenen Gesellschaft.

Die Erlangung und die Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit

allein werden nicht ausreichen, die Bürger mitzunehmen.

Wir müssen es schaffen, dass auch der

„Normalbürger“ von den Vorteilen der offenen Gesellschaft

möglichst durch eigene Erfahrungen überzeugt

wird.

Drittens, meine Damen und Herren: Der Weg in eine offene

Gesellschaft führt - davon bin ich überzeugt - über

die Stärkung der Bürgergesellschaft. Das soziale Umfeld

wirkt als Korrektiv gegen Extremismen, gegen Verlustempfinden

und gegen die Angst, nicht gebraucht zu

werden und keine geachtete Stellung in der Gesellschaft

zu finden.

Gute Nachbarschaften, in denen man sich mit Achtung,

Sensibilität und Hilfsbereitschaft begegnet, helfen gegen

die Vernachlässigung von Kindern, die wir in Ost und

West verstärkt beobachten.

Es kann keinen Zweifel daran geben, dass bei der Vielfalt

der Aufgaben, die der Staat aus eigener Kraft nicht

bewältigen kann, jeder mit seinen Fähigkeiten gebraucht

wird. Der Staat kann und will nicht alles richten. Die Bürger

müssen sich in der Bürgergesellschaft auch untereinander

gegenseitig stärken.

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

Meine Damen und Herren! An dem Beispiel Kinderbetreuung

wird auch eines deutlich, was uns zum Beispiel

Seitz und Ragnitz ins Stammbuch geschrieben haben:

Unsere Ausgaben für die Kinderbetreuung in Sachsen-

Anhalt liegen je Einwohner um 50 % über denen in

den finanzschwachen westlichen Flächenländern. Wir

haben damit das bundesweit quantitativ und auch qualitativ

am besten ausgebaute Betreuungsangebot für Kinder.

Vor diesem Hintergrund ist wirklich zu überlegen,

was wir verändern müssen, um die auch bei uns weiter

vorhandenen Defizite in der Kinderbetreuung abzubauen;

denn es kommen auch unter unseren guten Betreuungsbedingungen

viel zu viele Kinder mit zu schlechten

Voraussetzungen in die Grundschule.

Meine Damen und Herren, die Studie sagt mir aber auch

eines: dass es nicht allein ein Finanzproblem zu sein

scheint. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir mit

den vorhandenen und im Moment offensichtlich bei uns

auch großzügig ausgegebenen finanziellen Ressourcen

einfach bessere Ergebnisse erzielen.

(Zustimmung bei der CDU)

Es wurde vorhin schon kurz erwähnt, dass der Begriff

der offenen Gesellschaft an die Schrift erinnert, die

der Philosoph und Staatstheoretiker Karl Popper im

Jahr 1945 veröffentlicht hat. Ich will hier keinen weiteren

philosophischen Exkurs vom Pult aus veranstalten, aber

doch wenigstens sagen, dass sie eine der Grundschriften

dieses Jahrhunderts gewesen ist, die den nachkommenden

Generationen immer wieder einen Weg gezeigt

hat, der ernsthaft zu überlegen ist und der - das

war von Karl Popper auch ganz deutlich beabsichtigt -

als Abkehr von Totalitarismen jeglicher Art gemeint ist.

Das ist, glaube ich, ohne Karl Popper an dieser Stelle zu

sehr in Beschlag nehmen zu wollen, die wichtige Botschaft,

die wir auch heute noch von Karl Popper mitnehmen

können und die uns allen wirklich eine Mahnung

sein soll, den Weg in eine lebendige pluralistische Demokratie

zu wählen, die den Staat auch in gewisser

Weise in seine Grenzen weist; denn der Staat wird nicht

all das richten können, was so mancher Bürger von ihm

erwartet.

Ich will dieses Buch an dieser Stelle heute aber nicht

überinterpretieren. Es war mehr oder weniger, denke ich

einmal, der Aufhänger für unsere Debatte, ist aber heute

nicht Thema eines philosophischen Seminars.

Ich komme zum Schluss meiner Ausführungen. Die offene

Gesellschaft wird nach meiner Auffassung keine

Zukunft haben, wenn es keinen Konsens darüber gibt,

dass unsere Gesellschaft nur überlebensfähig und überlebenswert

ist, wenn die Glieder der Gesellschaft jetzt

bereit sind, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen.

Unsere Grundwerte Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit

sind weder selbstverständlich noch für alle Zeiten

politisch gesichert. Diese drei Grundwerte sind Maßstab

und Orientierung unseres politischen Handelns. Sie erfordern

und ergänzen einander. Ihre Gewichtung untereinander

sinnvoll zu gestalten, ist unsere Aufgabe und

Kern unserer politischen Auseinandersetzung. Ich verstehe

auch so manche Auseinandersetzung in diesem

Saal immer wieder als ein Ringen um das Verhältnis

dieser drei Werte zueinander.

Aber Demokraten unterscheiden sich von Antidemokraten

darin, dass sie sich nicht gegenseitig absprechen,

diese drei Werte als Grundwerte unserer Gesellschaft

anzuerkennen. Es kommt auf das Ringen um ihre richtige

Gewichtung an.

Eine offene Gesellschaft erfordert die Kraft für eine sinnvolle

Selbstbeschränkung, aus der Verantwortung für

die zukünftigen Generationen gewonnen werden kann.

Christlich gesprochen will ich an dieser Stelle absichtlich

noch einmal den von mir sehr geschätzten Alois Glück

zitieren.

Alois Glück hat den Begriff einer modernen Askese wiederholt

in die politische Diskussion gebracht. Es geht

nicht darum, Selbstgeißelung oder eine Bußbewegung

oder vielleicht ein Ventil für ein schlechtes Gewissen von

Wohlstandsbürgern zu eröffnen, sondern es geht darum,

eine moderne Askese als ein Prinzip der Beschränkung

selbst zu erkennen, wenn es um die Chancen und um

die Rechte nachkommender Generationen geht. Diese

Selbstbeschränkung kann uns wahrscheinlich auch helfen,

den Weg in eine gute offene Gesellschaft zu finden.

- Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD

und von der Regierungsbank)

Präsident Herr Steinecke:

Vielen Dank, Herr Scharf. - Der Fraktionsvorsitzende

Herr Gallert hat um das Wort gebeten. Bitte schön.

Herr Gallert (DIE LINKE):

Es gibt für diese Wortmeldung einen einzigen Anlass,

und der wird die wenigsten in diesem Raum überraschen.

Es geht um die Aufforderung an unsere Fraktion,

die Besetzung des Beirates der Gedenkstättenstiftung

zu verändern, die in der letzten Zeit hart in der öffentlichen

Diskussion war. Ich will dazu hier Stellung beziehen

und diese Haltung auch noch einmal begründen.

Wir werden dieser Aufforderung, Herr Scharf, nicht nachkommen.

Ich will auch noch einmal begründen, warum

wir das nicht tun werden, auch nach dem von Ihnen zitierten

Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks, der übrigens

in der Art und Weise seiner Entstehung fast einzigartig

ist. Ich will darauf aber nicht im Einzelnen eingehen.

Es steht folgendes Problem in Rede: Frau Gudrun Tiedge

hat in diesem Beitrag gesagt, sie bereue nicht, Jugendstaatsanwältin

geworden zu sein, und es habe in

der praktischen Arbeit eines Staatsanwalts in erheblichem

Maße Übereinstimmung zwischen dem gegeben,

was sie erledigt hat, und dem, was ein Staatsanwalt in

der Bundesrepublik erledigt. Das ist das, was sie gesagt

hat, und das ist das, worauf Sie abgestellt haben.

Sie hat darüber hinaus auch noch etwas anderes gesagt.

Das war in der „Volksstimme“ abgedruckt, der

Bayerische Rundfunk hat es natürlich weggeschnitten,

was nicht anders zu erwarten gewesen ist, und zwar

dass sie ausdrücklich bereue, an Verfahren beteiligt gewesen

zu sein, die Ausdruck des politischen Strafrechts

gewesen seien.

Jetzt haben wir folgendes Problem: Muss Frau Tiedge

bereuen, dass sie in der DDR Jugendstaatsanwältin geworden

ist oder muss sie das nicht? - Das ist zugegebenermaßen

eine schwierige Frage.

Jawohl, die Staatsanwaltschaft in der DDR, die Justiz in

der DDR war ein Machtinstrument der herrschenden

Klasse. Sie war Ausdruck der Diktatur des Proletariats.

Sie hatte keine demokratische Legitimation, wie wir es in

einem Rechtsstaat verlangen. Das hatte die Justiz nicht.

Das hatte die Polizei nicht. Das hatten auch andere Bereiche

wie die Volksbildung nicht.

Die Volksbildung hatte sehr wohl einen substanziellen

Auftrag zur ideologischen Indoktrination, zur Herausbildung

eines sozialistischen Persönlichkeitsbildes, zur

Herausbildung eines festen Klassenstandpunktes. Übrigens

war das nicht nur der Auftrag der Staatsbürgerkunde-

und der Geschichtslehrer, sondern genauso der

Sportlehrer, der Musiklehrer, der Kunsterziehungslehrer,

der Deutschlehrer.

Wenn wir diese konsequente Position vertreten, du

musst aufgrund deiner Stellung in dem System der

Deutschen Demokratischen Republik bereuen, dass du

in diesem Bereich tätig gewesen bist,

(Zuruf von Frau Brakebusch, CDU)

dann müssen wir es von allen verlangen. Ich muss aber

ganz deutlich sagen, dass ich - -

(Unruhe bei der CDU - Herr Gürth, CDU: Inoffizielle

Mitarbeiterschaft bei der Staatssicherheit ist

ja wohl noch etwas anderes!)

- Nein, es ging ausdrücklich um die Tätigkeit als Staatsanwältin.

(Herr Gürth, CDU: Es waren nicht alle Lehrer

IMs!)

- Es ging bei dieser Geschichte ausdrücklich um ihre

staatsanwaltschaftliche Tätigkeit.

Ich muss ganz deutlich sagen, dass ich einen solchen

Vorschlag noch nicht gehört habe. Ich habe ihn bei Polizeiveranstaltungen

noch nicht gehört, ich habe ihn bei

Veranstaltungen vor Lehrern noch nicht gehört und ich

habe ihn zum Beispiel auch nicht bei dem letzten Anwaltstag

während des Grußwortes der Landesregierung

gehört, bei dem eine Menge DDR-Juristen herumgesessen

haben. Deswegen glaube ich, dass man auch in

dieser Position sehr wohl geteilter Meinung sein kann.

Ich habe noch nicht erlebt, dass jemand substanziell

Schwierigkeiten gehabt hat, weil er gesagt hat, er bereue

es nicht, in der DDR Lehrer gewesen zu sein, Polizist

gewesen zu sein oder in der Justiz gearbeitet zu haben.

Das ist der Unterschied in der Bewertung. Den mögen

Sie anders sehen. Aber wenn Sie ihn anders sehen,

dann sehen Sie ihn bitte konsequent in jeder dieser Berufsgruppen

anders. Verlangen Sie das von allen, nicht

nur von Frau Tiedge.

Weil ich nicht glaube, dass dies in dieser Gesellschaft

wirklich mehrheitsfähig ist, werden wir wegen dieser

Aussagen von Frau Tiedge unsere Position nicht revidieren.

- Danke.

(Beifall bei der LINKEN)